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Lifestyle und Gemütlichkeit, Lebensqualität und Ästhetik, Entspannung und Aufregung – klingt nach Gegensätzen. Mitnichten, gemütlich und designig soll es in unseren vier Wänden sein. Eine Zusammenfassung in Sachen modern und gemütlich Wohnen.


Die Einrichtungsfibeln von Welt biegen sich vor Hygge, Lagom und Konsorten. Es scheint als sei der kollektive Gemütlichkeitswahnsinn ausgebrochen; weltweit ist man auf der Suche nach noch geheimeren Trends um noch, noch besserer zu entspannen. Selbstredend ist die Welt inzwischen schnell, dynamisch und vernetzt. Selbstredend ist homing, coconing und das „traute Heim“ für viele das Nonplusultra in Sachen Inneneinrichtung und Interieur. Manchem ist der Trend um Entspannung, Harmonie und Sinnsuche einen Tick zu verspielt. Kuscheldecken, Tee-Service und sinnschwangere Wandprints sind nicht jedermanns Sache. Entspannung und Einkehr kann auch klar, einfach und minimalistisch passieren. Für manchen ist der romantische Eichendorff die passende Lektüre. Und mancher bevorzugt eher Joyce und Kaffka. Der cosy minimalist ist ein Archetyp der besonderen Einrichtung, der ganz individuellen Art der Entspannung und in mancher Hinsicht auch ein Revoluzzer gegen strenge „Entspannungsrichtlinien in 7 Schritten.“ Ein Blick in die Welt der klaren Linienführung; eine Reise ins Land der modernen Gemütlichkeit.
 

Wenig haben, viel bekommen – die minimalistische Grundidee

Der Gedanke des „richtigen Maßes“ ist in der Kunst, der Architektur und in der Allgemeinheit der Formgebung weit verbreitet. Minimalismus als Konzept ist ein Gedankengang der Moderne. Aus der Perspektive der Gegenwart gedacht, ist es ein interessantes Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Zeitachsen. Die Grundlage der einfachen Formen, der klaren Linien und des reduzierten Designs ist ein Kind der mittleren Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Aus heutigem Blickwinkel sind die Ideen, Formen und Strukturen, geboren aus den Ideen von Carl Andre, Dan Flavin oder Donald Judd nichts anderes als „retro“.
 
 
Der eigentliche Namensgeber der Bewegung, Richard Wollheim, beispielsweise prägte den Begriff des Minimalismus bereits im Jahre 1965. Was damals noch als Sammelbegriff eines zeitgenössischen Kunstbegriffs gedacht war, ist heute Markenzeichen des modernen Einrichtens. Minimalismus an sich ist eine Reise in die Vergangenheit der Formgebung.
Gleichwohl ist die reduzierte Art des Einrichtens auch in den späten 2010ern absolut modern und gegenwartsverhaftet.
Auch in der Pop-Kultur ist der Begriff inzwischen angekommen und verkörpert die Kultur des Verzichts, der Askese und des "detox“.
 

Der Aspekt der Gemütlichkeit – ruhige Strukturen

Anders als Einrichtungs-Guides rund um Schafwolle und detailschwangere Accessoires ist der Ansatz des cosy minimalist klar. Die Grundidee: die perfekte Form ist der Kreis. Eine niemals endende Linie, die wieder und wieder in sich selbst aufgeht. Der philosophischen Schönheit dieses Gedankens entsprechend ist einfach, das schönste Prädikat für gemütlich. In der klaren Form und der Reduktion auf das Wesentliche liegt pure Entspannung versteckt. Entspannung ist für uns nichts anderes als das Loslassen von Alltag, Wochenplanung und Gedanken an den 9-to-5-Job.
Finden wir besser „Frieden“ als im Einfachen? Was hochanspruchsvoll und vergeistigt klingen mag, ist gleichzeitigt einfach und allgegenwärtig. Ein durchgeplanter und wohldetaillierter Raum bedeutet Stress. „Ist das Kissen noch modern?“, „Muss ich die Wand neu streichen?“, „Ist mein Boho-Style noch instagram-tauglich?“ und „Was würde mein Lieblings-Influencer tun?“, ist nur ein kleiner Einblick in die marternden Fragen des zu detailverliebten Einrichtens.

 

Der cosy minimalist lebt hier die Einfachheit. Sie oder er atmet entspannt aus, setzt sich in seinen Lieblingssessel, lässt seinen Blick über die ruhige Linienführung seines Sideboards streifen und ist entspannt.
Der übergroße Spiegel im Hintergrund erlaubt es uns, eine andere Perspektive auf heimische Gefilde zu werfen (der praktische Nebeneffekt: die Wohnung wirkt optisch größer). Und mit klaren Formen, einfachen Farben und ehrlichen Phrasierungen steht der Schönheit nichts im Wege. Fast möchte man in dieser Situation ausrufen: „Nirvana ist hier, vor unseren Augen.“ Einfach bleibt eben doch am längsten schön.
 
 
Wenn alles einfach, klar und „logisch“ ist, wirkt dies nicht neutral oder anonym? Diese Herangehensweise an modernes Einrichten mag auf den ersten Blick richtig klingen. Werfen wir einen Blick in das Heim des cosy minimalist wird schnell klar. Kalt und neutral ist hier nichts! Die Details, die Accessoires, die Erinnerungsstücke und liebevollen Kleinigkeiten ergänzen sich mit den Blüten der minimalistischen Formgebung. Der eigene Charme, die individuelle Look und die Einzigartigkeit der Herzensstücke glühen in der klar strukturierten Umgebung auf. Hier greift das gleiche Prinzip wie in einer Galerie. Der Rahmen eines Bildes setzt das Kunstwerk passend in Szene. Struktur und Details gehen ineinander auf und das ganze wird mehr als die Summe seiner Teile!
Die Spannungsfelder aus laut und leise, das Aufeinandertreffen von Formsprache und eigenem Geschmack erschaffen das Heim des cosy minimalist. Klar genug um uns Ruhe, um uns Heimat zu schenken und eigenständig und individuell genug, um uns Heimat zu sein.
Warum sehnen wir uns noch nach Lagom oder anderen austauschbaren Trends, wenn das Gute in seiner einfachen, unmittelbaren und klaren Form nur wenige Schritte entfernt liegt. Das Konzept und die Gedankenwelt des gemütlichen Minimalismus geben uns eine individuelle und moderne Ausdrucksform für unseren Herzenswunsch in Sachen Design an die Hand.